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          Vortrage anlaesslich der Messe Bauen und Energie in Wien am 17. 02. 2007. Eine Zusammenfassung.    
   

 

   

Keine Angst vor farbigen Wänden!

   
         

Farbe macht Licht sichtbar, beeinflusst Stimmung und Wohlbefinden, beschützt, weist auf Gefahren hin, dient der Information und Kommunikation, leistet Orientierungshilfe, trägt zu Ordnung und Differenzierung bei, erfüllt ästhetische Motive, beeinflusst Aussage von Gegenständen und Räumen.

   
               
   

Roland Bischof, Farbwerkstatt

Farbe ist nicht nur Dekoration!
Malmaterialien und ihre
Auswirkungen


Arch. DI Pia Buxbaum
Kriterien einer guten Farbgestaltung


Johannes Reiter, Farbwerkstatt
Wirkung von Farbe bei verschiedenen Verarbeitungstechniken

   

   
               
   
Mineralische Lasur
   

Roland Bischof:  Farbe hat Kunstepochen und Kulturen geprägt. Sie verdient es auch, dass man sich mit ihr als Malmaterial beschäftigt. Sie ist zu wertvoll, um als Billigprodukt im Baumarktregal zu stehen, irgendwo aufgeschmiert und dann als Rest wieder entsorgt zu werden. Die Farbe ist der Schmuck des Hauses. Sie unterstützt gut angewendet die Architektur, bützt das Gebäude vor Witterung und verschönert es.

   
               
   
Neubau K2, nördlich von Wien
   

Pia Buxbaum:  Letzten Sommer traf ich ein junges Paar, das seit eineinhalb Jahren in einer neu renovierten Altbauwohnung wohnte und sich einfach nicht wohlfühlen konnte. Sie hatten immer noch nicht alle Kisten ausgepackt überlegten sogar, sich eine andere Wohnung zu suchen.
Ich besichtigte die Wohnung: sie hatte einen wunderschönen Fussboden aus Eichenparkett, drei Meter hohe Räume, weisse Wände, weisse Türen und weisse Fenster. Die Möbel in der Wohnung waren sehr bunt, aber die Bewohnerin erzählte, dass sie trotz der bunten Möbel keine gemütliche Stimmung erzeugen konnte, sie fühlte sich einfach nicht wohl.

Ich entwickelte nach definierten Raumstimmungen ein Farbkonzept mit grossen, fast raumhohen Farbflächen, die sich teils über Eck spannten. Am ersten Tag war ca. die Hälfte der Farbflächen fertig gestellt und die Bewohnerin rief an und sagte: Gerade bin ich vom weissen Zimmer in den farbigen Gang getreten und ich habe gemerkt, wie sich mein Körper spürbar entspannt hat.

Das genau ist die Wirkung einer guten Farbgestaltung: Der Körper entspannt sich, wir fühlen uns wohl, der Stress lässt nach. Wissenschaftliche Untersuchungen haben bewiesen, dass farbige Räume den Menschen in der Ausübung einer Tätigkeit besser unterstützen, als weisse Räume. Weisse Wände setzen den Körper unter permanenten Stress durch fehlende Anregung, das kostet Energie und dadurch ermüden wir schneller. Warum ist das so?

Der Mensch ist ein Lebewesen mit der Fähigkeit, Farben wahrzunehmen und zu verarbeiten. Farben werden sowohl mit den Augen gesehen, als auch über die Haut wahrgenommen. Die Reaktionen gehen so weit, dass sogar bestimmte Hormone unter Farbeinfluss gebildet werden. Weisse Wände sind daher kein natürliches Umfeld und es gibt auch in der Natur keine grossen, weissen Flächen. Selbst Schnee ist niemals weiss. Wir sprechen hier nur von grossflächigen Farben, denn nur sie können Stimmung erzeugen.

In der Farbgestaltung gibt es drei relevante Flächen: Dominante, Subdominante und Akzente. Das Zusammenspiel dieser Flächen schafft Atmosphäre im Raum (aussen oder innen). Im ersten Schritt geht es in der Farbgestaltung darum, die Atmosphären zu bestimmen, welche dann in den Räumen vorherrschen sollen. Ich definiere, ob ich eine gemütliche Atmosphäre, eine kühle Atmosphäre, eine anregende Atmosphäre, eine beruhigende Atmosphäre usw. in den einzelnen Räumen, eines Büros oder einer Wohnung schaffen möchte. Dann werden darauf die Farben abgestimmt, die natürlich auch von Funktionen und persönlichen Vorlieben beeinflusst sind. Farbgestaltung schafft die Stimmung, die man vorher definiert, aberwelche Farben soll man dafür verwenden?

   
             
    Raumstimmung in warmen Fartönen        
             
               
    Ausgewogene Anmutung für das Bad    

Roland Bischof:   Wenn sie sich entschieden haben, Ihr Haus oder Ihre Wohnung farbig zu gestalten, kommt nun der Zeitpunkt sich mit dem Material zu befassen. Die Farbe kann nämlich, wenn sie falsch angewendet wird, Gebäudeteile zerstören, unsere Gesundheit gefährden und die Lebensqualität verringern. Wenn Sie irgendwo an einer Wand abblätternde Farbe sehen, Schimmelpilze oder sogar verfaultes Holz unter dem Anstrich, ist meist auf falsche Materialwahl oder unsachgemässe Ausführung zu schliessen.

 

Farbe ist nicht gleich Farbe.
Diese Problematik möchte ich Ihnen an Hand eines Beispieles zeigen. Begeben wir uns einmal in ein Schlafzimmer und versuchen die Wirkung verschiedener Anstriche zu spüren. Haben wir eine konventionelle Dispersionsfarbe an Decke und Wänden, wie das meist der Fall ist, wurden mit ihr verschiedenste Chemikalien in den Raum gebracht. Konservierungsmittel, Weichmacher, Kunstharze etc. sind Erdölprodukte mit ihrer ganzen Problematik. Ausserdem haben wir das ganze Zimmer mit einer Kunststoffhaut überzogen, welche je nach Qualität nur bedingt Wasserdampf durchlässig ist. Haben wir eine kühle Wand, kann sich Kondenswasser bilden. Wasser und organische Substanzen geben zusammen beste Bedingungen für  Schimmelpilze, welche keinesfalls nur ein harmloses optisches Problem sind, sondern deren Sporen hoch giftig sind. Sie können Allergien und andere gesundheitliche Schäden auslösen. Kunstharze haben zudem elektrostatische Eigenschaften und ziehen den Schmutz wie ein Magnet an. Mit einer mineralischen Farbe an den Wänden und einer Leimfarbe an der Decke haben wir ganz andere raumphysikalische Eigenschaften. Die Leimfarbe kann sehr viel Feuchtigkeit aufnehmen, und wenn die Luft trocken ist gibt sie Sie wieder an den Raum ab. Mineralische Farben haben eine sehr hohe Dampfdiffusionsoffenheit, wodurch sich kein Kondenswasser bilden kann. Pilze finden auf mineralischen Untergründen keine Nahrung und können daher hier nicht leben. Auch Menschen die nicht unter Allergien oder anderen gesundheitlichen Problemen leiden werden sich in so einem Raum um einiges wohler fühlen.

   
   

 

       
               
    Wandlasur im Treppenhaus    

Pia Buxbaum:   Umso mehr, wenn sie mit den richtigen Farben gestaltet sind. Was sind also die richtigen Farben?

Da muss ich sie jetzt enttäuschen: Die richtigen Farben gibt es nicht! Es gibt nur Farbkombinationen, die bestimmte Atmosphären schaffen können. Sie sind abhängig vom Raum, von den Lichtverhältnissen, von den Umweltbedingungen und natürlich vom Gestalter. Auch die Struktur der Oberflächen spielt eine Rolle. Das sind die Vorraussetzungen, der Rahmen in dem ich mich als Farbgestalter bewege.

Was für Möglichkeiten gibt es zusätzlich?
Mit Farbe kann ich Räume perspektivisch verändern, oder die Architektur unterstützen. Zusätzlich kann ich sogar belasteten Umwelten durch die richtige Farbgestaltung entgegenwirken: kühle Räume wirken wärmer, warme Räume wirken kühler, wenn ich dementsprechende Farben verwende. Und das faszinierende ist, dass selbst Lautstärke, Staubbelastung und Gerüche durch Farben als weniger intensiv und belastend empfunden werden.

   
   
       
               
    Ausdruck von Farbe und Technik    

Johannes Reiter:   Je nach geplanter Wirkung ist auch die Art des Auftrags der Farbe ein wichtiger Aspekt in der Farbgestaltung. Die bei uns am häufigsten angewandte Form ist der deckende Farbauftrag. Zweidimensional flächig, manchmal etwas reizlos, aber auch plakativ erzeugen einfärbig deckende Flächen eine bestimmte Grundstimmung. In der Raumgestaltung dienen diese Flächen meist als diskreter Hintergrund für die ästhetische Präsenz der übrigen Raumelemente und Gegenstände. Oder als kraftvolle Definition bestimmter Zonen. Unabhängig davon, mit welchem Werkzeug oder gerätdeckende Anstriche aufgebracht werden, sie sind reproduzierbar und somit als Serien- oder Massenprodukt einzustufen.

Wandlasuren hingegen eröffnen eine fast unendliche Fülle an faszinierenden Möglichkeiten den Ausdruck von Farbe zu verändern. Bei der Lasurtechnik - egal in welcher Variante - wird die Handschrift des Ausführenden sichtbar und die bearbeitete Fläche zu einem Dokument der Individualität und letztlich auch zu einem Unikat. Die Farbigkeit lasierender Oberflächen entsteht durch ein Wechselspiel aus fliessenden Übergängen, Durchdringungen und Transparenz. Während deckende Anstriche zweidimensional-flächig erscheinen, bilden Lasuroberflächen eine optische Räumlichkeit aus, die ungleich lebendiger wirkt als jede deckende Beschichtung. Eine weitere Möglichkeit der Farbe eine besondere Wirkung zu geben, sind die sogenannten Glättetechniken. Die Charakteristika dieser Techniken liegen vor allem in den abgestuften Farbnuancen, in dem spannenden Wechselspiel von glänzenden und weniger glänzenden Stellen, ihrer hohen Dichte und Glätte und in ihrer Tiefenwirkung. Dieses Erscheinungsbild vermittelt sowohl optisch als auch haptisch eine edle Anmutungsqualität.

Diese Beispiele sind nur ein kleiner Auszug aus den vielen Möglichkeiten die es gibt, Farbe auf eine Oberfläche zu bringen. Sie sollen ihnen als Anregung dienen und Lust auf neue Erscheinungsbilder und Wirkungen von Farbe vermitteln.

 

Roland Bischof:   Jedes Anstrichmittel hat bei den heutigen Anforderungen seine Berechtigung. Es macht zum Beispiel keinen Sinn eine Zimmertüre mit einer extrem beanspruchbaren Farbe und all ihren negativen ökologischen Auswirkungen zu verwenden, was bei einem Labortisch oder einer Maschine sehr wohl sinnvoll ist. Würde man den Labortisch mit einer Naturharzfarbe beschichten wäre dieser Anstrich nach kurzer Zeit wieder zerstört. Es ist auch nicht nötig, im Wohnbereich an die Wände und Decken eine stark scheuerbeständige Latex- oder Dispersionsfarbe mit ihren negativen Auswirkungen auf das Raumklima, zu streichen. Da ist es viel sinnvoller an die Wände eine mineralische Farbe oder eine Naturharzwandfarbe zu streichen und an die Decken sogar eine Leimfarbe. Wichtige Entscheidungskriterien zur Anschaffung einer Farbe sind:


- Die Bauphysik des Hauses nicht negativ beeinflussen!
- Die Gesundheit und Lebensqualität der Bewohner nicht gefährden.
- Sie sollte eine gute Renovierbarkeit aufweisen und somit auf lange Sicht Kosten sparen.

- Ihre Produktion und Entsorgung soll die Umwelt möglichst wenig belasten.

 

Es gibt für fast alles, das beschichtet werden soll, eine ökologischere Lösung, als die erst Beste. Es geht vor allem darum, die Verhältnisse zu verändern. Es ist wie bei der Energiefrage. Auch Farbe hat mit der Klimaveränderung und mit Umweltschutz zu tun. Das Ziel ist, die synthetischen aus Erdölprodukten hergestellten Anstrichmittel, welche heute mindestens 80 % der verarbeiteten Farbmenge ausmachen, durch Farben aus mineralischen und nachwachsenden Rohstoffen, welche heute nur einen kleinen Teil ausmachen, zu ersetzen. Und die riesige Umweltbelastung bei Bauchemikalien könnte damit um einiges reduziert werden.

Farbe ist nicht gleich Farbe! Ob ich eine Farbe mit weitestgehend synthetischen Inhaltstoffen im Haus habe oder eine aus edlen natürlichen Ölen und Harzen ist sicher ein fühlbarer Unterschied.

 

Entscheidungskriterien
Um die geeigneten Anstrichsysteme für ein Haus oder eine Wohnung zu finden, geht man am besten das ganze Objekt mit seinen verschiedenen Untergründen und Anforderungen durch.

Im Keller haben wir als Untergrund meistens Putz oder Beton, es soll einfach hell und sauber wirken. Hier eignen sich am besten mineralische Farben wie Kalk oder Mineralfarben, welche bei Feuchtigkeit auch keinen Nährboden für Schimmelpilze aufbereiten. Im Wohnbereich haben wir meist folgende Untergründe: Bestehende Dispersionsanstriche, Tapeten, Putze, Gipskarton — oder Gipsfaserplatten, Holz oder bestehende Kunstharzanstriche. Erste Voraussetzung ist natürlich, dass der Untergrund fest ist und eine gute Haftung hat. An die Decke eignet sich am besten Leimfarbe, sie ist diffusionsoffen und hat eine feuchtigkeitsregulierende Wirkung. An die Wände mit bestehenden Dispersionsanstrichen, Tapeten, Gips oder Gipsplatten eignet sich am besten Naturharzwandfarbe. Bedingt kann auch eine gebrauchsfertige Mineralfarbe oder Kalkfarbe verwendet werden. Auf mineralischen Putzen sind Mineralfarbe oder Kalkfarbe zu bevorzugen. Auf bestehende Leimfarbe darf auf keinen Fall irgendeine andere Farbe gestrichen werden. Entweder diese mit Wasser komplett entfernen oder falls die Haftung noch gut ist, wieder mit Leimfarbe überstreichen. Für Holzelemente wie Türen, Fenster etc. eignen sich am besten Naturharzfarben oder Ölfarben welche es heute auch schon inlösemittelfreier Qualität gibt. Diese können auch an Wänden verwendet werden, wenn z,B. in der Küche ein abwaschbarer Anstrich gewünscht wird. Schränke innen dürfen nie mit ölhaltigen Produkten gestrichen werden. Am besten roh lassen. Wichtig ist es beim Einkaufen von Farbe die Etikette zu lesen. Vor allem ob die Farbe für den vorhandenen Untergrund geeignet ist. Auch lohnt es sich meist eine Fachperson zur Objektberatung beizuziehen.

Zusammenfassend kann man sagen, Mineral-, Kalk- und Naturharzfarben sind den Synthetischen Farben wie, Acryl, Dispersion etc. zu bevorzugen.

   
   

 

       
    Farbwerkstatt | Reiter & Bischof OEG
2230 Gänserndorf | Niederösterreich
Mobile 0664-495 4899 Johannes Reiter
Mobile 0664-120 2624 Roland Bischof
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